Kostbare Ressource Wasser: Expertinnen und Experten berichten

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Österreich ist grundsätzlich eines der wasserreichsten Länder Europas. Doch die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels zeigen auch hierzulande eine sehr unterschiedliche Verfügbarkeit der kostbaren Ressource: Starkregenereignisse, Überschwemmungen, Trocken- und Hitzeperioden kennzeichnen mittlerweile den Alltag. Der Schutz und eine nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser sowie Anpassungen an die Auswirkungen des Klimawandels im Zusammenhang mit Wasserverfügbarkeit sind von hoher Bedeutung für die ländlichen Regionen und die Land- und Forstwirtschaft. Das Thema Wasser wird im Jahr 2024 im Netzwerk Zukunftsraum Land aufgegriffen und im Rahmen der Jahreskonferenz am 2. Oktober 2024 vertiefend bearbeitet. Um die vielfältigen Aspekte des Themas Wasser greifbarer zu machen, haben wir unterschiedliche Aspekte dazu gesammelt:

Aspekt 1: Überregional: das „SDG 6“

Die Sustainable Development Goals (SDGs) haben mit SDG 6 „Verfügbarkeit und nachhaltiges Management von Wasser und sanitären Einrichtungen sowie Abwassersystemen sichern“ eines ihrer 17 Ziele ganz der Ressource Wasser verschrieben.

Ernst Überreiter, Experte für Wasserressourcen im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft
Österreich hat bei der Umsetzung des Wasserziels SDG 6 bereits viel vorangebracht. Der Zugang zu einwandfreiem und bezahlbarem Trinkwasser, eine angemessene Sanitärversorgung und ein hoher Anschlussgrad an kommunale Kläranlagen beziehungsweise eine adäquate Abwasserentsorgung können in Österreich als weitgehend erreicht angesehen werden. Weiters wurden die grenzüberscheitende Zusammenarbeit mit allen Staaten in den relevanten Flusseinzugsgebieten und eine integrierte Bewirtschaftung unserer Wasserressourcen sichergestellt. SDG 6 ist von zentraler Bedeutung für die Erreichung fast aller SDGs der UN 2030 Agenda. Österreich bemüht sich daher, auch andere Staaten bei der Zielerreichung dieses wichtigen Nachhaltigkeitsziels zu unterstützen.

Aspekt 2: Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt

Der Klimawandel beeinflusst mit steigenden Temperaturen und damit einhergehenden Änderungen bei Verdunstung, Niederschlägen und Vegetationsperioden die Wasserverfügbarkeit stark. Veränderte Niederschlagsmuster und -mengen, sowie zunehmende Extremwetterereignisse bewirken Dürren, aber auch Überschwemmungen. Dies hat Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Brauch- und Trinkwasser.

Robert Fenz, Nationale und internationale Wasserwirtschaft, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft
Wie viele europäische Länder treffen auch Österreich zunehmend längere Trocken- und Hitzeperioden. Während zukünftig in einigen Regionen die Grundwasserressourcen abnehmen können, wird der Wasserbedarf für viele Nutzungen, wie die landwirtschaftliche Bewässerung, ansteigen. Derzeit reichen die verfügbaren Wasserressourcen noch für alle Wassernutzungen aus. Um auch künftig genug Trinkwasser für die Bevölkerung sicherzustellen, hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft gemeinsam mit den Bundesländern einen Trinkwassersicherungsplan erarbeitet. Der Plan enthält Handlungsoptionen für Notfallszenarien, etwa für den Fall eines Trinkwassermangels. Durch vorausschauende wasserwirtschaftliche Planung soll der Wasserbedarf aller Sektoren auch künftig nachhaltig abgesichert werden.

Aspekt 3: Wasser und landwirtschaftliche Produktion

Die ausreichende Verfügbarkeit von Wasser ist eine Grundvoraussetzung für die landwirtschaftliche Produktion und damit ein entscheidender Faktor für die Ernährungssicherung der Bevölkerung. Es gilt, bestehende Wasserressourcen zu schützen und reinzuhalten und landwirtschaftliche Böden und Produktionsverfahren auf eine größere Wasserknappheit aber auch auf Starkregenereignisse vorzubereiten. Mit dem Ziel „Effiziente Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen“ spricht der österreichische GAP-Strategieplan unter anderem die Ressource Wasser an.

Marion Gerstl, Boden-Wasserschutzberatung Oberösterreich
Wie trägt der GAP-Strategieplan zur effizienten und schonenden Nutzung von Wasser bei?

Der GAP-Strategien Plan ermöglicht, einerseits im Rahmen der Konditionalitäten (zum Beispiel GLÖZ-Standards*) und andererseits im Zuge hoher Teilnahmeraten an den vielfältigen ÖPUL*-Maßnahmen zum Boden- und Gewässerschutz, eine intensive und tiefgründige Auseinandersetzung mit Fragen zum Boden- und Gewässerschutz.
Gemeinsam mit umfassenden Beratungs- und Weiterbildungsmaßnahmen wird durch den GAP-Strategieplan mittel- bis langfristig die Qualität der Böden verbessert und somit ein wesentlicher Beitrag zur effizienten und schonenden Nutzung von Wasser geleistet.*Guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand (GLÖZ)
*Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL)

Franz Steiner, Geschäftsführer  Kompetenzzentrum Bewässerung
Wie können Landwirtinnen und Landwirte in Zukunft mit der zunehmenden Wasserknappheit umgehen?

Die Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, auch in Gebieten, die bisher ausreichend mit Niederschlagswasser versorgt waren, weil sich die Verteilung über das Jahr verändern wird. Zwei Aspekte sind hierfür von Bedeutung: Einerseits eine effiziente und zielgerichtete Bewässerungstechnik und andererseits die Verfügbarkeit des Bewässerungswassers. Für dieses Bewässerungswasser werden vermehrt Speicherteiche, gefüllt über Bäche, Grundwasser oder Versorgungsleitungen, errichtet werden müssen.

Aspekt 4: Innovation und Wissenstransfer

Innovation und Wissenstransfer spielen bei der Bewältigung von Herausforderungen rund um das Thema Wasser eine große Rolle, denn durch eine gemeinschaftliche Bearbeitung durch Wissenschaft, Bildung, Beratung und Praxis werden Ergebnisse auch rascher in die Praxis transferiert und Bedarfe der Praxis direkt eingemeldet. Spannende Beispiele dafür finden sich in EIP-AGRI Projekten, bei deren Antragstellung Netzwerk Zukunftsraum Land unterstützt und berät.

Gabriele Gollner/ Projektleitung des EIP-AGRI Projektes „Klimaresilienz durch wassersparenden Bio-Ackerbau“ über innovative Strategien zur Anpassung an den Klimawandel im Ackerbau
Als Reaktion auf den Klimawandel benötigt die Landwirtschaft geeignete Anpassungsstrategien (zum Beispiel Direktsaat-, Transfermulch-Verfahren), um die Wasseraufnahme und -speicherung der Böden zu erhöhen, die Verdunstung von Wasser zu verringern und den Boden vor Extrembedingungen schützen.

In trockenen Regionen und bei schlechten Bodenwasserspeicherverhältnissen sind vor allem Sommerkulturen wie Mais, Kartoffel und Sojabohne zunehmend von Wassermangel und Trockenschäden betroffen.Die in unseren Praxisversuchen im Trockengebiet gewonnen Erfahrungen haben gezeigt, dass das Direktsaatverfahren von Soja und Mais im Biolandbau sehr komplex ist und viele Faktoren Einfluss auf das Gelingen der Direktsaat haben. Es bedarf weiterer Optimierungen zur Minderung des Anbaurisikos sowie einer genauen Abstimmung auf das jeweilige Klima, die Böden und die vorhandene Mechanisierung. Das Transfermulch-Verfahren ist ein praktikables System, das einen optimalen Boden- und Verdunstungsschutz zwischen den Maisreihen beziehungsweise Kartoffeldämmen bietet, die Bodenerosion vermindert, und vor allem für viehlose Bio-Betriebe durch die Nutzung von Futterleguminosen als flexible Stickstoff-Quelle eine interessante Alternative für die Nährstoffversorgung in der Fruchtfolge darstellt. Der ökonomische Aufwand des Verfahrens durch Werbung, Aufbereitung und Ausbringung des Mulchmaterials wird durch die langfristigen positiven Wirkungen in der Fruchtfolge ausgeglichen.

Aspekt 5: Wasser in der Dorf- und Regionalentwicklung

Auch in den ländlichen Regionen und Dörfern spielt Wassermanagement eine immer bedeutendere Rolle – sowohl bei der Wasserspeicherung in Trockenphasen als auch beim Abflussmanagement bei Starkregenereignissen. Das Prinzip der Schwammstadt ist eine der Strategien, Retentionsraum für Niederschlagsgewässer zu schaffen und somit den biologischen Anforderungen von Pflanzen und Bäumen gerecht zu werden. Wasser trägt somit eine Rolle in der Klimawandelanpassung und dem Ökosystem von Städten und Dörfern.

Johannes Selinger aus der KLAR Region Mistelbach-Wolkersdorf im Weinviertel zur Bedeutung des sogenannten „Schwammstadtprinzips“ in ländlichen Regionen
Ob Stadt oder Land – versiegelte Flächen nehmen zu und damit die Anfälligkeit für die zunehmenden Hitzetage. Um Abhilfe zu schaffen, braucht es vor allem blau-grüne Infrastruktur, um Wasser vor Ort nutzen zu können.

Das Schwammstadt-Prinzip kann wesentlich dazu beitragen, Niederschlagswasser vor Ort zurückzuhalten, sauber zu versickern, und das Kanalsystem zu entlasten. Darüber hinaus kann es – auch im dichten Siedlungsraum – bei Verwendung der richtigen Substrate für Wasser- und Luftzufuhr, Grundvoraussetzung für gesundes, jahrzehntelanges Baumwachstum sein, ohne Verkehrsflächen im öffentlichen Raum reduzieren zu müssen. In der Hochwasserprävention hat das Prinzip allerdings seine Grenzen. Ein vorgelagertes, geeignetes Wassermanagement in der Kulturlandschaft ist Voraussetzung für den Schutz des Siedlungsraums. Dazu gehören vor allem die Änderung der landwirtschaftlichen Praxis und eine möglichst weitgehende Renaturierung der Fließgewässer.
Porträts von Expertinnen und Experten