AKIS in Österreich

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Die AKIS-Kooperationsstelle in der GAP-Vernetzungsstelle fördert in Österreich die Weiterentwicklung des Wissens- und Innovationssystems (AKIS) in der Land- und Forstwirtschaft. Ihr Ziel ist die stärkere Vernetzung und Zusammenarbeit bestehender und neuer Akteurinnen und Akteure, um Wissensaustausch und Innovation im ländlichen Raum voranzutreiben.

Was ist das landwirtschaftliche Wissens- und Innovationssystem (AKIS)?

AKIS ist die Organisation und Interaktion von Personen, Organisationen und Institutionen, die Wissen und Innovation für die Landwirtschaft und verwandte Bereiche herstellen und nutzen.

Wir haben mit Elena-Teodora Miron gesprochen. Sie ist AKIS Expertin der Landwirtschaftskammer Österreich, dort leitet sie unter anderem die Servicestelle für internationale Innovationsprojekte und das Horizon Europe geförderte europaweite Projekt Modern AKIS. Im Netzwerk Zukunftsraum Land ist sie Teil der AKIS Kooperationsstelle.

Wofür brauchen wir das AKIS in der Land- und Forstwirtschaft?

Stellen Sie sich Landwirtinnen und Landwirte als Leistungssportler:innen vor. Je nach ihren Fähigkeiten wollen sie bestmögliche Ergebnisse erzielen – in manchen Fällen sogar eine Goldmedaille. Dafür braucht es nicht nur jahrelange Arbeit, sondern auch ein Ökosystem, das mit Innovationen und Kooperation das optimale Umfeld ermöglicht. Es beginnt mit einer guten Ausbildung inklusive Trainingsmöglichkeiten, mit exzellenten Coaches/Berater:innen, mit relevanter Weiterbildung um über die neuesten Techniken und wissenschaftlichen Erkenntnisse informiert zu sein, und geht bis hin zur Zusammenarbeit mit Herstellerinnen und Herstellern von neuesten Materialien und Technologien sowie ausreichende Finanzmittel für Investitionen. Maßgeblich zu diesem Ökosystem trägt das AKIS mit Bildung und Beratung, Digitalisierung und Vernetzung bei – letztendlich sind alle Teile des AKIS dafür da, um Landwirtinnen und Landwirte darin zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen.

Welche Rolle spielt AKIS für die landwirtschaftliche Entwicklung? Wofür braucht es eine systemische Betrachtung in der land- und forstwirtschaftlichen Arbeit?

Die Problemstellungen, mit denen sich die Land- und Forstwirtschaft auseinandersetzt, werden immer komplexer mit zahlreichen vernetzten Faktoren, die darauf Einfluss nehmen. Hierfür gibt es nicht die eine, richtige Lösung. Stattdessen braucht es eine systemische Betrachtungsweise. Es müssen je nach Situation und Fragestellung diverse Akteurinnen und Akteure zusammenkommen, die zur Lösung beitragen können. Zudem müssen diese auch die Fähigkeit und den Willen haben, flexibel zu agieren und trotz eines unsicheren Ausgangs zusammenzuarbeiten. Nur so wird man der vorherrschenden Dynamik, der Wissensintensität und  der Interdisziplinarität, die zur Lösungsfindung nötig sind, begegnen können.

Man muss auch anerkennen, dass gegebenenfalls gefundene Lösungen heutzutage kürzer währen als früher. Für diese neue Arbeitsweise bietet die systemische Betrachtung durch AKIS Instrumente und Methoden.

Wie beeinflussen politische Rahmenbedingungen und Förderprogramme die Funktionsweise von AKIS? Welche Rolle spielt die EU-Agrarpolitik dabei?

Auf nationaler Ebene spielt eine gute Aufstellung in allen vier Dimensionen des AKIS (Struktur, Prozesse, Normen, Kapazität und Fertigkeiten) eine wichtige Rolle. Hier sprechen wir von strukturellen Elementen, wie starken Forschungs-, Bildungs- und Beratungsorganisationen sowie Verbänden und anderen Netzwerken, die den Wissensfluss im System effizient und effektiv gestalten. Dabei sind wir in Österreich, als einer der Spitzenreiter in Europa, in einer sehr guten Position. Wir haben ein schlankes und sehr gut funktionierendes AKIS.

Auf europäischer Ebene hat AKIS in der Programmperiode 2023-2027 erstmals als verpflichtender Teil in den GAP-Strategieplänen Einzug gefunden. Dies ist aus mehreren Gründenwichtig: es wurde erstmals ein strategischer Ansatz zur Steuerung und Weiterentwicklung von AKIS von den Mitgliedsstaaten eingebracht, der auch mit entsprechenden GAP-Ressourcen unterstützt wird. Natürlich wenden die Mitgliedstaaten auch beträchtliche Ressourcen, die nicht Teil der GAP-Mittel sind, für ihr AKIS auf. Aber eine kohärente, im Land abgestimmte Handlungsweise hinsichtlich des AKIS, hat das Potenzial, größere Wirkung bei gleichem Ressourceneinsatz zu generieren. Und für jene Länder, die kaum oder nur begrenzte Mittel einsetzen, sind die GAP Mittel eine wichtige Quelle zur Weiterentwicklung ihres AKIS.

Wohin soll sich das AKIS in Österreich entwickeln?

Der österreichische GAP-Strategieplan 2023-2027 hat vier Handlungsfelder für die Weiterentwicklung des AKIS identifiziert:

  • Wissensgenerierung und –Verarbeitung: dadurch sollen die vorhandene Wissensbasis gestärkt, die Praxisrelevanz des Wissens betont und die zielgruppenorientierte Aufbereitung des Wissens erhöht werden
  • Wissenstransfer: mit einer höheren Geschwindigkeit im AKIS, insbesondere durch aktuelle Bildungs- und Beratungsangebote
  • Digitalisierung: mit dem Fokus auf das Vorantreiben der digitalen Transformation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft und der Smart Villages
  • Vernetzung: zwischen den AKIS-Akteurinnen und -Akteuren, um Synergien zu nutzen und die Wirkung deren Aktivitäten zu erhöhen.

 

Mitte 2023 wurde die AKIS-Kooperationsstelle innerhalb des Netzwerks eingerichtet. Welchen Beitrag leistet sie zur Weiterentwicklung des österreichischen AKIS?

Die AKIS-Kooperationsstelle ist als Vernetzungs- und Servicestelle zu verstehen und soll zum Kompetenzaufbau der AKIS- Akteurinnen und AKIS-Akteuren beitragen, sodass künftig die Wissensflüsse zwischen den Akteurinnen und Akteuren optimiert werden und eine bessere Vernetzung stattfinden kann. Die AKIS-Kooperationsstelle arbeitet daran, die Nutzung von Synergien, das Setzen von Aktivitäten zur Weiterentwicklung des AKIS und die Förderung von Wissensaustausch und Innovation zu stärken.

Eine Weiterentwicklung, Strukturierung und Orchestrierung des AKIS ist für alle AKIS-Akteurinnen und AKIS-Akteuren von Vorteil, nützt jedoch vor allem den Akteurinnen und Akteuren aus Forschung, land- und forstwirtschaftlicher Bildung und Beratung, kontinuierlichen Austausch und Interaktion sowohl innerhalb Österreichs als auch über die Landesgrenzen hinaus. Hierdurch werden internationale Innovationstätigkeiten beschleunigt und eine gegenseitige Befruchtung ermöglicht.

Wie werden Innovationen in der Landwirtschaft identifiziert, entwickelt und umgesetzt? Welche Rolle spielt AKIS dabei?

Innovationen können viele Quellen haben: sie kommen aus der Forschung, der Industrie, der Bildung und Beratung und oftmals natürlich aus der Praxis. Wichtig ist, dass das AKIS auch als Innovationsökosystem funktioniert und wertvolle Innovationen schnell bei den Anwenderinnen und Anwendern skalieren können. Dafür braucht es einen guten Wissenstransfer, Unterstützung für die Aufnahme von neuen Technologien, finanzielle Ressourcen und Risikokapital, Rechtssicherheit aber auch Vertrauen zwischen den Akteuren. AKIS kann ganz wesentlich durch seine Instrumente, Förderungen aber auch durch Aktivitäten zwischen den Akteuren dazu beitragen, ein aktives und gesundes Innovationsökosystem zu leben.

Welche Herausforderungen und Hindernisse bestehen bei der Integration von Wissen und Innovationen in die landwirtschaftliche Praxis?

Durch intelligente Technologien erleben wir eine immer größere Privatisierung des Wissens. Es ist ganz wichtig, qualitatives und praxisrelevantes Wissen offen und leicht verfügbar zu haben, auch im Bereich der Technologielösungen. Ein gutes, stabiles Beratungssystem mit gut ausgebildeten Beraterinnen und Beratern stärt den Wissenstransfer und die Adoption von Innovationen. Auch ein niederschwelliger Zugang zur Bildung mit passgenauen Angeboten für den Wissenstransfer ist wesentlich.  Die Vertrauenswürdigkeit des Wissens wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Deswegen sind starke öffentliche Forschungs-, Bildungs- und Beratungsorganisationen, die unbefangen sind, von besonderer Wichtigkeit im zukünftigen AKIS.

 

Welche Rolle spielen internationale Kooperationen und Wissensaustausch in AKIS? Gibt es bewährte Praktiken aus anderen Ländern, die auf lokale Kontexte übertragen werden können?

 Erfahrungen, und vor allem Fehler, die man nicht selber macht, sind immer wertvoll. Nicht nur durch den Klimawandel stehen wir vor Herausforderungen in den Produktionsbereichen, wo andere Länder schon langjährige Erfahrung haben.  Da  kann man unmittelbar und rasch vom Austausch profitieren. Generell merken wir, dass der Wissensaustausch im AKIS immer einen persönlichen Lernvorteil bringt und auch die beteiligten Organisationen bereichert.

Grafik Vernetzung
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