Case Study: Kreisläufe schließen – Verwertung durch Rückfuhr, Transfer oder Nutzung von organischen Nebenprodukten am landwirtschaftlichen Betrieb

Allgemeine Informationen

Projektlaufzeit (Start- und Enddatum) 05/2019 – 04/2022
Projektregion Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Wien
Förderperiode LE 14-20
Maßnahme im GAP-Strategieplan EIP-AGRI (16.1.1. und 16.2.1. aus LE 14-20) 

Finanzierung in Euro

Gesamtprojektkosten (i)+(ii)+(iii) = 475.752,36 €
   + (i) GAP Strategieplan 100%
   + (ii) Private und Eigenmittel
   + (iii) Andere Finanzquellen

Kurzbeschreibung

Im EIP-AGRI Projekt „Kreisläufe schließen“ wurden verschiedene innovative Maßnahmen, welche durch eine bessere Nutzung von Wertstoffen aus der Landwirtschaft Stoffkreisläufe am landwirtschaftlichen Betrieb und in der Region schließen und die Nährstoff- und Humuseffizienz verbessern können, in Praxisversuchen getestet. Untersucht wurden zwei verschiedene Cut-and carry-Variationen, einmal als Transfermulch, einmal in den Acker eingearbeitet; eine Kleegras-Mist- und Kleegras-Gülle-Kooperation und eine Kooperation, bei der Kleegras in einer Biogasanlage verwertet wurde.

Auf drei Betrieben wurden verschiedene Kompostierungsverfahren getestet, darunter auf einem Betrieb auch ein extrem extensives Modell. Am Beispiel des Schulbetriebes der Landwirtschaftlichen Fachschule Grottenhof in Graz wurde die Hoftorbilanz eines Gemischtbetriebes mit Ackerbau und Milchviehhaltung im Kompoststall untersucht und berechnet.

Fotocredit: Bio Forschung Austria

Zusätzliche Versuche beleuchteten spezielle Aspekte, wie z.B. die Wirksamkeit einer Begrünung, um die Nährstoffe einer herbstlichen Gülledüngung aufzunehmen und über den Winter zu speichern, zur Gülleverdünnung und zur Mistlagerung mit und ohne Abdeckung.

Alle in den verschiedenen Prozessen verwendeten Substrate wie Kleegras, Heu, Stroh, Hackschnitzel, Getreideausputz usw. wurden mengenmäßig erhoben, beprobt und auf ihre Inhaltsstoffe analysiert. Neben der Mengen-, Nährstoff- und Kohlenstoffbilanzierung wurde eine ökologische Bewertung in Form von CO2-Bilanzen sowie eine ökonomische Bewertung der Maßnahmen durchgeführt. Mit den getesteten Maßnahmen können österreichische Landwirtinnen und Landwirte die betriebseigenen Nährstoffkreisläufe verbessern.

Was macht dieses Projekt besonders nachahmenswert?
  • Das Projekt hat dazu beigetragen, Maßnahmen zu entwickeln, die es Betrieben bei gleichzeitiger Kosteneinsparung erleichtert, langfristig (Nährstoff-) Kreisläufe zu schließen sowie die natürliche Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und zu steigern.
    • Verglichen mit dem Einsatz von synthetisch hergestelltem Stickstoffdünger konnte mit allen im Projekt entwickelten und getesteten Maßnahmen eine Nettoeinsparung von 200 – 600 kg Treibhausgasen (CO2e) je 100 kg ausgebrachten Stickstoff erzielt werden.
    • Im Vergleich mit anderen biotauglichen, organischen Handelsdüngern mit Preisen von rund 7 € pro kg Stickstoff erzielten alle Maßnhamen mit Ausnahme der „Güllekooperation“ und der „Kleegraskompostierung mit Kohle“ eine Nettokosteneinsparung von ca. 130- 400 € pro 100 kg Stickstoff durch die Kreislaufbewirtschaftung.
  • Die im Projekt entwickelten Maßnahmenkataloge, Entscheidungsbäume usw. unterstützen Betriebe, die Projektergebnisse auf ihre Verhältnisse zu übertragen.
Warum war es wichtig, dieses Projekt umzusetzen (Kontext)

Durch die weitgehende Aufgabe der Nutztierhaltung in Ostösterreich und die aktuell zunehmende Spezialisierung der landwirtschaftlichen Betriebe weisen nur mehr wenige Betriebe einen einigermaßen geschlossenen Betriebskreislauf auf.

Dies führt dazu, dass die meisten Betriebe auf externe Inputs angewiesen sind, durch deren steigende Preise die Kostenschere immer weiter aufgeht. Geschlossene Nähr- und Kohlenstoffkreisläufe könnten dem entgegenwirken, jedoch stellen diese die landwirtschaftlichen Betriebe vor neue Herausforderungen.

Probleme ergeben sich beispielsweise in Bezug auf die Fairness von Kooperationen, die Nutzung von aktuell ungenutztem Luzerne- und Grünland-Aufwuchs, dem Konservieren und Einsatz von ungenutzten Reststoffen, von Verwendungsmöglichkeiten für die nicht als Futter nutzbare Biomasse von Naturschutzflächen und die Nutzung von Gärresten, Digestat und Tonerden für eine möglichst hohe Humuswirkung.

Diese Fragen beschäftigen viele landwirtschaftliche Betriebe brennend. Auch in den UN-Nachhaltigkeitszielen (2016), dem Circular Economy Package der EU (2015) und dem Österreichischen Regierungsprogramm (2017) wird die Relevanz von geschlossenen Kreisläufen hervorgehoben.

Ziele
  • Hauptziel des österreichweiten Projektes war das Schließen von betrieblichen Stoffkreisläufen und die Verbesserung der Nährstoff- und Humuseffizienz
  • Besonderes Augenmerk lag hierbei auf der Entwicklung und Testung von praktischen Maßnahmen mit den folgenden Schwerpunkten:
    • Stroh-Mist-Kooperationen zwischen Betrieben, zum Beispiel zwischen Ackerbaubetrieben und viehhaltenden Betrieben
    • Biomasse-Transfer innerhalb eines Betriebes
    • Kompostierung ungenutzter Reststoffe und anschließende Nutzung
    • Innovative Methoden bei der Nutzung von Gärresten, Komposten, Tonerden und von Biomasse von Naturschutzflächen
  • Ökologische und ökonomische Bewertung der Kreislauf-Maßnahmen

Fotocredit: Bio Forschung Austria

Maßnahmen
  • Felderhebungen und Analyse von Kohlenstoff und Hauptnährstoffen in allen Stoffströmen der betrachteten Kreisläufe in und zwischen Landwirtschaftsbetrieben
  • Durchführung von Versuchen zur Optimierung der Kreislaufwirtschaft auf den Partnerbetrieben
  • Berechnung von Nährstoffbilanzen und Nährstoffeffizienz sowie der Humusbilanzen für die untersuchten Maßnahmen zum Schließen von betrieblichen Kreisläufen
  • Auswertung der Versuche, Ableiten von Änderungen bei der Vorgehensweise und Bewertung der getesteten Maßnahmen
  • Entwicklung von Bilanzen, Tests, Maßnahmenkatalogen und Entscheidungsbäumen, die eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Betriebe ermöglichen
  • Verbreitung der Ergebnisse über Projekt-Feldtage, Projekthomepage, Artikel in landwirtschaftlichen Fachzeitschriften sowie eine Ergebnisbroschüre für praktische Landwirte
Ergebnisse und Wirkungen

Wirkungen quantitativ:

  • Verglichen mit dem Einsatz von synthetisch hergestelltem Stickstoffdünger, konnte mit allen getesteten Kreislauf-Maßnahmen eine Nettoeinsparung von 200 – 600 kg Treibhausgasen (CO2e) je 100 kg ausgebrachten Stickstoff erzielt werden.
  • Mit zunehmender Transportdistanz steigt der Anteil der durch die Transporte verursachten Emissionen an den Gesamtemissionen steil an. Bei einer Distanz von 0,5 km machen die Transport-CO2e-Emissionen im Mittel 3,4 % der Gesamtemissionen aus. Bei einer Distanz von 4 km sind es schon 22 % und bei 10 km verursachen die Transporte mit 41 % schon fast die Hälfte der Emissionen
  • Im Vergleich mit anderen biotauglichen, organischen Handelsdüngern mit Preisen von rund 7 € pro kg Stickstoff erzielten alle Beispiele mit Ausnahme der „Güllekooperation“ und der „Kleegraskompostierung mit Kohle“ eine Nettokosteneinsparung von ca. 130- 400 € pro 100 kg Stickstoff durch die Kreislaufbewirtschaftung.

 

Wirkungen qualitativ:

  • Das Projekt „Kreisläufe schließen“ zeigte Möglichkeiten auf, wie mit innovativen Ideen aus der Praxis Nährstoffe und organische Substanz aus „Reststoffen“ sinnvoll im System gehalten werden können. Dabei muss man eigentlich von „Wertstoffen“ sprechen, wenn man den Nährstoff- und Kohlenstoffgehalt von Kleegras, Grünlandaufwuchs, Mist und anderen organischen Materialien in Betracht zieht.
  • Die erhobenen Daten und Berechnungen helfen Betriebsleiter:innen, die Zusammenarbeit und den Tausch von Materialien mit Partnerbetrieben, z.B. im Rahmen von Futter-Mist-Kooperationen fair zu gestalten

 

Mehrwert durch Vernetzung

Kooperationen mit landwirtschaftlichen Beratern: Zwei Berater:innen waren Teil des Projektteams und können auch nach dem Projekt die Ergebnisse und ihre Erfahrungen in ihrer Beratungstätigkeit nutzen.

Kooperationen mit landwirtschaftlichen Schulen: Die LFS Grottenhof war strategischer Partner im Projekt. Ihr landwirtschaftlicher Betrieb wurde im Projekt „durchleuchtet“, wodurch die Schule viele Detail- und Analysenergebnisse erhielt und die Erkenntnisse aus dem Projekt direkt den Schüler:innen zugutekam.

Innovation

Im vorliegenden Projekt wurden zahlreiche innovative Maßnahmen zum Schließen von Kreisläufen auf innerbetrieblicher, zwischenbetrieblicher und regionaler Ebene, wie zum Beispiel Cut & Carry, Transfermulch oder Betriebskooperationen mit viehhaltenden Betrieben oder Biogasanlagen, in Praxisversuchen getestet.

Die Kooperationen wurden analysiert und nach ökologischen und ökonomischen Kriterien bewertet, um landwirtschaftlichen Betrieben praxisgerechte Informationen in die Hand zu geben, welche Kreislauf-Maßnahmen für ihren Betrieb passend und nützlich sein könnten.

Einbeziehung junger Menschen

Den jungen Projektmitarbeiter:innen brachte das Projekt neue Erfahrungen, Kenntnisse und Kontakte, die sie in ihrer weiteren beruflichen Tätigkeit nutzen können. Ebenso gilt dies für die beteiligten jungen Landwirte und Landwirtinnen.

Sie konnten im Projekt ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und waren gleichberechtigt mit den älteren Projektpartner:innen an den Entscheidungsprozessen beteiligt. Die LFS Grottenhof war Strategischer Partner im Projekt. Ihr landwirtschaftlicher Betrieb wurde im Projekt „durchleuchtet“, wodurch die Schule viele Detail- und Analysenergebnisse erhielt, und die Erkenntnisse aus dem Projekt direkt den Schülerinnen und Schülern zugutekam.

Einbeziehung von Frauen

Frauen waren im Projekt als Projektleiterin, Projektmitarbeiterinnen und Landwirtinnen einbezogen. Der Projektleiterin und den Projektmitarbeiterinnen brachte das Projekt neue Erfahrungen und Kenntnisse und somit eine Ausweitung ihrer Expertise, die sie in ihrer beruflichen Tätigkeit nutzen können.

Die Landwirtinnen profitierten vom Projekt, indem sie die von ihnen gewählte Kreislauf-Maßnahme am eigenen Betrieb in einem von einem wissenschaftlichen Institut begleiteten Versuch austesten konnten und Analysendaten der Nährstoffgehalte und Stoffströme ihrer eigenen Materialien am Betrieb sowie eine ökologische und ökonomische Analyse erhielten und diese mit den Wissenschaftlern diskutieren konnten.

 

Die wichtigsten Lernerfahrungen

Vielen Praktikerinnen und Praktikern ist noch nicht bewusst, welche Nährstoffmengen sich in Reststoffen an und um den eigenen Betrieb verstecken, oder wie man diese konservieren oder transferieren kann. Durch die Inwertsetzung dieser Reststoffe ergibt sich hohes Einsparungspotenzial für externe Betriebsmittel, wie zum Beispiel externe Düngemittel mit deren Energieaufwänden bei Produktion und Transport. Mit zunehmender Transportdistanz steigt der Anteil der durch die Transporte verursachten Emissionen an den Gesamtemissionen steil an. Deshalb sollten für größtmögliche Effizienz und Klimaschonung die Transportdistanzen und der Maschineneinsatz für Kreislauf-Maßnahmen so gering wie möglich gehalten werden.

So vielfältig Österreichs landwirtschaftliche Betriebe sind, so herausfordernd ist auch die Bewertung der getesteten Maßnahmen im Sinne der Vergleichbarkeit mit dem Ziel, Handlungsempfehlungen für den einzelnen Betrieb abzuleiten. Fragen nach der für österreichische Betriebe durchschnittlichen Maschinenausstattung und den durchschnittlichen Schlagentfernungen zeigen die Notwendigkeit objektiver Bewertungskriterien oder flexibler Bewertungsmodelle.

Die Frage nach dem Einfluss der Flächenrotte auf die mikrobielle Veratmung von Kohlenstoff, verglichen mit der Festlegung in stabilen Humusaggregaten, ist nach wie vor Gegenstand der aktuellen Bodenforschung und bildet eine Unschärfe bei der Interpretation der Bewertung.

Die Erfassung des Gewichtes der untersuchten Materialien, wie etwa Kleegras, ist für Landwirtinnen und Landwirte mit einem erheblichen Zeit- und Maschinenaufwand verbunden. Die landwirtschaftlichen Projektpartnerinnen und -partner haben großen Einsatz erbracht, um diese Erfassungen durchzuführen.

Die Maßnahme der mikrobiellen Carbonisierung (mC) ist für Landwirtinnen und Landwirte mit Mietenkompostierung im Sinne von „Kreisläufe schließen“ schwieriger zu organisieren, da dem genauen „Rezept“ des mC-Komposts in der Praxis unterschiedliche Materialien (Reststoffe) vor Ort gegenüberstehen.

Die Nährstoffbilanz von Biogasgülle ist vielversprechend, im Detail aber herausfordernd, vor allem wenn die Anlage gemeinschaftlich betrieben wird. In der Praxis werden immer wieder Reststoffe angeliefert, deren Mengen- und Nährstoffgehalte nicht ermittelt werden können.

Kommunikation in Zeiten ohne persönlichen Kontakt ist herausfordernd. Dank der sehr gut funktionierenden Partnerschaft zwischen Landwirtschaft, Beratung und Forschung konnte das Projekt auch in Pandemiezeiten erfolgreich durchgeführt werden.

Übertragbarkeit

Die im Projekt getesteten Maßnahmen zum Schließen von Kreisläufen – innerbetrieblich, zwischen Betrieben und in der Region können auch von Betrieben in anderen Regionen, je nach deren Voraussetzungen eventuell mit Adaptierung, umgesetzt werden.

Die im Projekt entwickelten Maßnahmenkataloge, Entscheidungsbäume usw. unterstützen anderen Betriebe, die Projektergebnisse auf ihre Verhältnisse zu übertragen.

Synergien mit anderen EU-Politiken

Trägt dieses Projekt zu den Zielen anderer europäischer und internationaler Politiken bei?

☒ JA                   ☐ NEIN

Falls ja, zu welchen?

☒ Europäischer Grüner Deal

☐ Langzeitvision für ländliche Gebiete in Europa bis 2040 (EU Long Term Vision)

☐ EU Biodiversitätsstrategie 2030

☒ Vom Hof auf den Tisch (Farm to Fork Strategie)

☐ EU Digitalisierungsstrategie

☐ EU KMU-Strategie

☐ EU Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter

☒ UN-Nachhaltigkeitsziele SDG

Links

Webseite: https://www.bioforschung.at/projects/kreislaeufe-schliessen/

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Downloads:

Projekt-Broschüre: https://www.bioforschung.at/wp-content/uploads/2022/11/20221116_Kreisl-Broschuere.pdf

 

Fotocredit: Bio Forschung Austria