Case Study: Nachhaltige Grünlandbewirtschaftung durch abgestuften Wiesenbau

Allgemeine Informationen

Projektlaufzeit (Start- und Enddatum) 03/2016 bis 02/2019
Projektregion Oberösterreich, Steiermark
Förderperiode LE 14-20
Lokale Aktionsgruppe ARGE Abgestufter Wiesenbau
Maßnahme im GAP-Strategieplan 16.02.1. Unterstützung bei der Entwicklung neuer Erzeugnisse, Verfahren & Technologien der Land-, Ernährungs- & Forstwirtschaft

Finanzierung in Euro

Gesamtprojektkosten (i)+(ii)+(iii) = 156.442€ €
   + (i) GAP Strategieplan 100%
   + (ii) Private und Eigenmittel
   + (iii) Andere Finanzquellen

Kurzbeschreibung

Die Mengen- und Qualitätserträge aus dem Grünland sind die wirtschaftliche Basis für Grünlandbetriebe. Voraussetzung dafür sind gute Pflanzenbestände und eine angepasste Nutzung und Düngung. Der abgestufte Wiesenbau, bei dem Flächen mit unterschiedlicher Intensität bewirtschaftet werden, bietet durch die Konzentration der Düngung auf die ertragsbetonten Flächen die Möglichkeit, passende Pflanzenbestände sowohl im intensiv als auch im extensiv bewirtschafteten Bereich zu etablieren und zu erhalten.
Bislang war das Konzept der abgestuften Wiesenbewirtschaftung in der Praxis noch kaum verbreitet. Durch die ARGE abgestufter Wiesenbau, bestehend aus Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL in Österreich, Biokompetenzzentrum Schlägl, Landwirtschaftskammer Oberösterreich (LKOÖ), BirdLife Österreich, Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein (HBLFA Raumberg-Gumpenstein) und dreizehn landwirtschaftlichen Betrieben konnte dieses Konzept als Pilotvorhaben auf Betriebsebene in der Praxis erprobt werden.

Die Erhöhung der Nutzungshäufigkeit im Grünland und die gleichförmige Bewirtschaftung aller oder des Großteils der Flächen auf einem Betrieb ist eine Entwicklung, die in den Grünlandgebieten überall dort stattfindet, wo die klimatischen Gegebenheiten dies ermöglichen. Dies betrifft konventionelle und Biobetriebe gleichermaßen. Durch diese gleichförmige Nutzung der Grünlandflächen mit einheitlichen Schnittterminen gibt es bei hoher Schnitthäufigkeit Probleme mit der Nährstoffversorgung, etwa die Düngungsobergrenzen oder zu wenig Dünger bei Biobetrieben. Die differenzierte Bewirtschaftung hingegen ermöglicht eine ertragsbetonte Nutzung bestimmter Flächen, ohne mit Düngungsbeschränkungen in Konflikt zu geraten beziehungsweise eine entsprechende Verteilung des hofeigenen Wirtschaftsdüngers auf den vorhandenen Flächen. Erhöhte Schnitthäufigkeit verringert außerdem die Artenvielfalt.
Der abgestufte Wiesenbau hat das Potential, die Biodiversität auf Betriebsebene zu steigern. Da das Konzept des abgestuften Wiesenbaus in der Praxis auf mehrere Hindernisse, wie beispielsweise Eignung der Flächen für ertragsbetonte beziehungsweise extensive Bewirtschaftung stößt, führte die ARGE Abgestufter Wiesenbau ein Projekt in diesem Bereich durch, um ein praxistaugliches Konzept für die Umsetzung zu entwickeln.

Das Projekt „Abgestufter Wiesenbau“ verfolgte folgende Ziele:

  • Etablierung und Erhaltung von leistungsfähigen Pflanzenbeständen auf den ertragsbetonten Flächen
    angepasste Düngung und Nutzung der ertragsbetonten Flächen
  • Etablierung und Erhaltung eines betriebsindividuell passenden Ausmaßes an extensiver bewirtschafteten Wiesen
  • sinnvoller Einsatz der unterschiedlichen Futterqualitäten im Betrieb
  • rationelle Ernte- und Lagermöglichkeiten für die unterschiedlichen Futterqualitäten am Betrieb
    Erhöhung beziehungsweise Erhaltung (je nach Ausgangslage) der Artenvielfalt im Grünland auf Betriebsebene
  • Verbesserte gesellschaftliche Akzeptanz für das Konzept des „Abgestuften Wiesenbaus“

Die Aktivitäten können in folgende fünf Maßnahmenpakete zusammenfasst werden:

  • Betriebsbesuche
  • Analyse der Ausgangssituation auf den Betrieben
  • Workshops mit teilnehmenden Betrieben und Projektpartnern
  • Betriebsindividuelle Umsetzungsvorschläge und Betreuung während der Umsetzung
    Öffentlichkeitsarbeit

Die Ergebnisse des Projekts unterstützten Landwirtinnen und Landwirte und Personen aus der Beratung. Es wurden Erfahrungen und Erkenntnisse über die praktische Umsetzung der Wiesenbewirtschaftung am Betrieb gewonnen und daraus Empfehlungen für die Auswahl und Umstellung von Wiesenbeständen und weiterführende Schritte entwickelt. Ein im Zuge des Projektes entstandenes Berechnungs- und Planungstool soll die Betriebsleiterin oder den Betriebsleiter bei wichtigen Planungs- und Entscheidungsfragen zum neuen Betriebskonzept unterstützen. Die Projektergebnisse wurden in einem Beratungshandbuch zusammengeführt, welches über den Onlineshop des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung steht.

Was macht dieses Projekt besonders nachahmenswert?

Folgende Punkte machen das Projekt „Abgestufter Wiesenbau besonders nachahmenswert:

  • Das Konzept des abgestuften Wiesenbaus bietet die Möglichkeit, eine wirtschaftliche und ökologische Grünlandbewirtschaftung zu kombinieren.
  • Durch die unterschiedliche Nutzung der Grünlandflächen kann die Biodiversität im Grünland erhalten beziehungsweise gesteigert werden.
  • Die Reduktion der Schnitthäufigkeit sowie der Düngeintensität auf weiter weg gelegenen Feldstücken kann auch hinsichtlich des Zeitmanagements eine Verbesserung für den Betrieb sein.
Warum war es wichtig, dieses Projekt umzusetzen (Kontext)

Aufgrund der sich ändernden Witterungsverhältnissen und des Einsatzes leistungsfähiger Maschinen ist es möglich, die Intensität der Nutzung im Grünland zu steigern. Preisverluste bei Milch und Fleisch zwingen die Landwirtin oder den Landwirt häufig dazu, Kraftfutter zuzukaufen oder das Grünland zu intensivieren, oder beides. Daher kommt es zu einer höheren Schnittfrequenz und somit auch im Grünland zu einem massiven Artenverlust. Um dem Verlust der Biodiversität im Grünland entgegenzuwirken, ist es wichtig und sinnvoll, die Intensität der Nutzung auf das Ertragspotential der Flächen und die Entfernung zum Hof abzustimmen und sowohl ertragsbetonte als auch extensive Grünlandflächen zu bewirtschaften. Da die Folgen des Klimawandels nur bedingt abschätzbar sind, ist der Erhalt der Diversität im Grünland unbedingt notwendig, damit der Bestand rasch auf Veränderungen reagieren kann.
Durch die flächendeckende Intensivierung der Grünlandbewirtschaftung kommt es auch zu einer „Verarmung“ der Futtervielfalt in der Nutztierhaltung. Hier können durch das Konzept des abgestuften Wiesenbaus unterschiedliche Futterqualitäten erzeugt werden, die dann am Betrieb zu einer optimalen Ration für die jeweiligen Ansprüche der Tiere (zum Beispiel laktierende oder trockenstehende Kühe, Kalbinnen) zusammengemischt werden können. Dies trägt maßgeblich zur Gesundheit des Viehbestandes bei.

Ziele

Ziel des Vorhabens ist die Umsetzung des Konzepts des abgestuften Wiesenbaus auf Betriebsebene im Mühlviertel. Dazu gehören:

  • Etablierung und / oder Erhaltung von leistungsfähigen Pflanzenbeständen auf den ertragsbetonten Flächen
  • angepasste Düngung und Nutzung der ertragsbetonten Flächen
  • Etablierung und / oder Erhaltung eines betriebsindividuell passenden Ausmaßes an extensiver bewirtschafteten Wiesen
  • auf die Nutzung abgestimmte Düngung der extensiver bewirtschafteten Flächen
    sinnvoller Einsatz der unterschiedlichen Futterqualitäten im Betriebrationelle Ernte- und Lagermöglichkeiten für die unterschiedlichen Futterqualitäten am Betrieb
  • Erhöhung beziehungsweise Erhaltung (je nach Ausgangslage) der Artenvielfalt im Grünland auf Betriebsebene
  • Verbesserte gesellschaftliche Akzeptanz des Konzepts „Abgestufter Wiesenbau“, Stichwort Blumenwiesen
  • Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung ermitteln, damit eine Weiterentwicklung des Konzepts stattfinden kann
Maßnahmen

Im Projekt Abgestufter Wiesenbau wurden folgende Maßnahmen umgesetzt:

  • Betriebsbesuche
  • Analyse der Ausgangssituation auf den Betrieben
  • Dokumentation mittels Bewirtschaftungsplan
  • Erstellen von Protokollen
  • mehrmalige Treffen in der operationellen Gruppe
  • Workshops zur Erarbeitung von Umsetzungskonzepten
  • Austausch von Daten und gemeinsame Erarbeitung der vereinbarten Schritte
  • Erstellung eines Beratungshandbuches
  • Erstellung eines Planungstools
Beteiligte Stakeholder und ihre Rollen

Am Projekt waren das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL Österreich sowie das Biokompetenzzentrum Leadpartner beteiligt. Die weiteren Mitglieder der OG waren BirdLife Österreich, BioAustria, Biodiversitätsvertreter der Landwirtschaftskammer Oberösterreich (LKOÖ Grünlandberatung). Entscheidend für das Projekt waren die landwirtschaftlichen Betriebe. Ebenfalls am Projekt beteiligt, jedoch nicht in der ARGE waren der Maschinenring und die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein (HBLFA Raumberg Gumpenstein).

Ergebnisse und Wirkungen

Wirkungen quantitativ:

  • Die Arbeitszeit der Landwirtinnen und Landwirte für die Bewirtschaftung der Grünlandflächen konnte aufgrund der überlegten Intesivierung und Extensivierung verkürzt werden.
  • Die ökologische Vielfalt konnte gesambetrieblich erhöht werden.
  • Der qualitativer Ertrag konnte gesteigert werden (Aufzeichnungen Betriebe).

Wirkungen qualitativ:

  • Bekanntmachen des Konzeptes des abgestuften Wiesenbaus
  • Steigerung der Biodiversität im Grünland
  • Einsparung von Treibhausgasemissionen durch extensivere Nutzung der vom Hof weiter entfernten Flächen
  • durch die Kombination von ertragsbetonter und nutzungsreduzierter Bewirtschaftung können sowohl gute Erträge mit optimaler Qualität für das Wohl des Tieres und den wirtschaftlichen Betriebserfolg gesichert, als auch die Artenvielfalt im Lebensraum Wiese erhalten werden.
Mehrwert durch Vernetzung

Die Zusammenarbeit verschiedener Institutionen ermöglichte es, die Stärken der jeweiligen Institution für das Projekt zu nutzen.
So wurden die Betreuung des Projektes, die Forschungsarbeit und der Kontakt zu den Landwirtinnen und Landwirten durch das Biokompetenzzentrum Schlägl abgedeckt. Wertvolles Fachwissen brachte BirdLife Österreich durch die vegetationsökologische Betrachtung in das Projekt ein.
Die Landwirtschaftskamme trägt nach wie vor die Ergebnisse des Projektes sowie das Konzept des abgestuften Wiesenbaus im Rahmen der Beratung der Landwirtinnen und Landwirte in die Praxis.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Maschinenrings erarbeiteten ein Folgeprojekt.

Auch nach Abschluss des Projektes gibt es eine gute Zusammenarbeit mit den Betrieben und Institutionen, die am Projekt „Abgestufter Wiesenbau“ teilgenommen haben. Dies ist für die Beobachtung der Langzeitwirkung sowie für eine Zusammenarbeit bei zukünftigen Projekten sehr positiv zu beurteilen.

Innovation

Durch das Projekt wurde das Konzept des abgestuften Wiesenbaus von Walter Dietl in der Praxis erprobt und den Landwirtinnen und Landwirten ein Weg aufgezeigt, wie sie wirtschaftlich und ökologisch wertvoll Lebensmittel produzieren können. So leisten sie einen wichtigen Beitrag sowohl zur Ernährungssicherheit als auch zum Erhalt der Biodiversität.
Die Ökologie sowie die Ökonomie und in gewisser Weise auch das Soziale profitieren vom Konzept des abgestuften Wiesenbaus. Für keine dieser drei Säulen der Nachhaltigkeit entstehen Nachteile.

Die wichtigsten Lernerfahrungen

Fragen, die sich zu Projektende stellten, waren folgende:

  • Stärken oder schwächen die schwierigen Bedingungen der letzten Jahre –Trockenheit und Engerling – die Bedeutung des Konzeptes für die Praxis?
  • Wie lassen sich Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Umsetzung am Besten sammeln und verbreiten um gemeinsam daraus zu lernen?
  • Wie können längerfristige Projektergebnisse nach Projektende aufbereitet und dann in die Praxis gebracht werden?

Es ist positiv zu vermerken, dass alle Betriebe das vereinbarte Konzept umgesetzt haben und die meisten auch weiterhin basierend darauf ihr Grünland bewirtschaften. Wenn es keinerlei gravierende Nachteile beziehungsweise Mehraufwand gibt, ist es einfach, Personen zu finden, die bei einem Projekt mitarbeiten und die Ergebnisse des Projektes auch nach Projektende weitertragen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern war auch die Sinnhaftigkeit des Projektes bewusst. Daher war die Motivation der Beteiligten, die Vorschläge umzusetzen und produktiv mitzuarbeiten, sehr hoch.
Eine Bewirtschaftungsumstellung wie in diesem Projekt auf den abgestuften Wiesenbau zieht sich natürlich über mehrere Jahre und eine Beurteilung von Erfolg oder Misserfolg kann nach nur drei Projektjahren nur mit Einschränkungen erfolgen.
So war auch eine Einschätzung bis Projektende, ob sich die Biodiversität auf den teilnehmenden Betrieben durch die Umsetzung der erarbeiteten Konzepte tatsächlich erhöht hat, nur bedingt möglich. Dafür war erstens der Zeitraum seit Beginn der Extensivierungsmaßnahmen – also für einen Vergleich vor und nach der Umstellung – zu kurz und zweitens fehlen die konkreten Daten dafür (für einen der Zeitraum auch zu kurz).
Auch wenn eine konkrete Bewertung der Wirkung auf die Biodiversität bis Projektende nicht möglich war, wurde das Potential der vorhandenen Grünlandflächen zur Extensivierung abgeschätzt und Empfehlungen für Maßnahmen zur Durchführung der Extensivierung erstellt, sowie aus der Wissenschaft bekannte Zusammenhängen zwischen Bewirtschaftung und Biodiversität dargelegt.
Die Auseinandersetzung mit dem abgestuften Wiesenbau konnte das Bewusstsein für Fragen der Biodiversität und wie sie gefördert und bewahrt werden kann, schaffen, sowie die Wahrnehmung ökologischer Zusammenhänge, von Lebensräumen, von Tier- und Pflanzenarten schärfen. Durch das Weitertragen der Ergebnisse im Rahmen der Beratung durch die Landwirtschaftskammer, im Rahmen des Unterrichts an landwirtschaftlichen Schulen sowie des Folgeprojektes des Maschinenrings, konnten und können sich diese Faktoren auch in Zukunft positiv auf den Erhalt der Biodiversität auswirken.

Übertragbarkeit

Dieses Projekt beziehungsweise das Konzept des abgestuften Wiesenbaus lassen sich auf alle Betriebe beziehungsweise Regionen mit Grünlandbewirtschaftung übertragen.

Das Projekt des Maschinenrings „Mehrmähdiges Grünland zeitgemäß bewirtschaften“ ist ein Folgeprojekt des Projektes „Nachhaltige Grünlandbewirtschaftung durch abgestuften Wiesenbau“.
Auch das Interreg-Projekt „Biodiversität im Grünland – Biodiversitätsförderung durch klimaangepasste Grünlandwirtschaft in der Grenzregion Bayern / Österreich“ verwendet die Ergebnisse des Projektes „Nachhaltige Grünlandbewirtschaftung durch abgestuften Wiesenbau“.

Einbeziehung junger Menschen

Eine Intensivierung der Landwirtschaft war in den letzten Jahrzehnten das anzustrebende Ziel der Landwirtinnen und Landwirte aber auch der Agrarpolitik. Mittlerweile steht auch der Erhalt der Biodiversität als lebensnotwendiger Faktor im Fokus. Junge Menschen, die einen Betrieb übernehmen, bekommen mit dem Konzept des abgestuften Wiesenbaus die Möglichkeit, diese zwei wichtigen Punkte für die Gesellschaft gemeinsam zu erfüllen. Landwirtschaft und Naturschutz stehen hier nicht im Widerspruch und machen somit den Beruf der Landwirting und des Landwirts, der im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherheit und Naturschutz liegt, weniger konfliktreich und somit attraktiver.

Links
Der Nutzungsunterschied zwei aneinandergrenzender Wiesen ist durch die intensiv grüne und grüngelber Farbe deutlich sichtbar.
Abgestufter Wiesenbau in der Praxis © Biokompetenzzentrum Schlägl