Die Bedeutung von Blumen, Blüten und Bestäubern: ein Interview mit dem Bienenzentrum Oberösterreich

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Wie wirken sich Blumen und nachhaltige Blühflächen auf uns und unsere Ökosysteme aus? Warum sind die Bestäuber für unsere Landwirtschaft essentiell und was können wir tun, um unsere wertvollen Insekten in Österreich zu schützen? Petra Haslgrübler ist Leiterin des Bienenzentrums Oberösterreich und hat uns diese und weitere Fragen beantwortet.

Mit den drei Eckpfeilern „bienen.biodiversität.bildung” verfolgt das Bienenzentrum Oberösterreich einen ganzheitlichen Ansatz. Wie äußert sich das bei Ihrem Engagement für ein vielfältiges Blütenangebot?

Nahrungsgrundlagen für Bienen und blütenbestäubende Insekten zu schaffen ist eines unserer Hauptanliegen. Mit unseren Projekten, Aktionen und Workshops schaffen wir mittlerweile für Groß und Klein Bewusstsein für diese Themen. Mit der „Blühstreifenaktion – mach mit“ und verschiedenen Monitorings von Wildbienen, Blühstreifen und Nützlingen, haben wir Meilensteine geschaffen und Daten lukriert, die für alle über unsere Homepage verfügbar sind. 

Bei unseren Workshops und Veranstaltungen verteilen wir regional zertifiziertes Saatgut, da aufgrund der Evolution heimische Wildblumen auf den Entwicklungszyklus von heimischen Insekten abgestimmt sind. Die Blumen dienen nicht nur Insekten als Nahrungsgrundlage, sondern wirken sich auch positiv auf uns Menschen aus. Wir schaffen aus öffentlichem und privatem Grün ein öffentliches und privates Bunt und sind sehr stolz, dass unsere Projekte, Aktionen, Workshops und Lehrgänge so gut angenommen werden!

Ich möchte einen Blühstreifen anlegen. Worauf muss ich achten, damit es auch wirklich einen Mehrwert für die Bienenwelt gibt?

Im Hochsommer geht das Nahrungsangebot von blütenbesuchenden Insekten zurück, weil nur mehr wenige bienenfreundliche Pflanzen blühen. Blühstreifen stellen eine wertvolle Ergänzung dar, indem sie von Mai bis September, in der Zeit der Läppertracht, eine zusätzliche Quelle für Pollen und Nektar bieten. Darüber hinaus bieten sie später im Jahr Lebensraum und Überwinterungsmöglichkeiten für zahlreiche Tiere und dienen der Vernetzung von Landschaften sowie einer gesteigerten Strukturvielfalt. Die Auswahl von regional zertifiziertem Saatgut (REWISA, G-Zert) ist von großer Bedeutung, da der Entwicklungszyklus heimischer Pflanzen und Tiere aufeinander abgestimmt ist. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die richtigen Pflanzen zur Verfügung stehen, wenn die Insekten sie am dringendsten benötigen. Die Flächen benötigen wenig Pflege und sollten nur ein- bis zweimal im Jahr gemäht werden. Der ideale Zeitpunkt ist dann, wenn die Blüten bereits verblüht sind. Das Mähgut sollte auf der Fläche getrocknet werden, dass die Samen ausfallen können – somit ist ein Fortbestand der Blühkomponenten gesichert. Der Abtransport des Schnittguts ist wichtig, da so Nährstoffe abtransportiert werden. Bei geringer Biomasseentwicklung kann auf eine Mahd verzichtet werden – die abgestorbenen Stängel bieten dann ein Winterquartier für Insekten.

Warum ist Bestäubung für die Landwirtschaft so wichtig?

Honigbienen, Wildbienen und alle anderen blütenbestäubenden Insekten haben einen hohen Stellenwert als Bestäuber:innen und sind aus einem intakten Ökosystem nicht wegzudenken. 80 Prozent der wichtigsten Kulturpflanzen, wie Steinobst und Raps, sind von der Bestäubung abhängig und somit ist die Bestäubung Voraussetzung für ca. ein Drittel unserer Ernährung. Eine effektive Insektenbestäubung führt zu einer stabilen Fruchtbildung, höheren Erträgen und einer besseren Qualität, wodurch der Ernteertrag um 80 Prozent gesteigert werden kann. Die wirtschaftliche Bedeutung der Bestäubung ist in den Jahren von 2012 – 2022 beim Apfel mit ca. 50 bis 190 Mio. und beim Ölkürbis mit ca. 30 bis 100 Millionen Euro pro Jahr beziffert worden. Die Bestäubungsleistung sichert dadurch das Einkommen in der Landwirtschaft und kann bei gezieltem Einsatz auch zur Einkommenserhöhung beitragen. 

Aber auch die Natur profitiert durch die Vermehrung von Wildpflanzen sowie vom Erhalt der Biodiversität.  Mit der Bienenwanderbörse ist eine Plattform entstanden, die die Lebensmittelproduktion durch die Bestäubungsleistung der Honigbienen noch erhöht, denn hier können sich Bäuerinnen und Bauern, Gemeinden und Unternehmen mit Imkerinnen und Imkern miteinander vernetzen, Flächen für Bienenweiden bereitstellen und optimale Wanderstandplätze für Bienenvölker vermitteln. (Nähere Informationen unter: https://bienenwanderboerse.at/)

Was hat es mit der Blühpatenschaft auf sich?

Das Bienenzentrum Oberösterreich hat gemeinsam mit dem Maschinenring OÖ das Projekt „Blühpatenschaft – ich mach mit!“ ins Leben gerufen. Der Hintergedanke ist, mehr Nahrung für Insekten in den Sommermonaten zur Verfügung zu stellen. Diese Aktion ermöglicht es Personen und Institutionen, die selbst keine geeigneten Flächen zur Verfügung haben, einen Beitrag zum Erhalt der Insektenwelt zu leisten. Durch die Aktion werden zusätzlich Unternehmen angesprochen, die weder zeitliche noch örtliche Ressourcen aufbringen können. Sie übernehmen dabei für 15 bis 25 Euro pro Quadratmeter und Jahr eine Patenschaft für eine Blühfläche, die auf einer oberösterreichischen landwirtschaftlichen Fläche angelegt wird. Durch die Aktion kann jede Person Blumen für Bienen und blütenbestäubende Insekten erblühen lassen – und das ganz ohne eigene Grünfläche.

Falls keine eigene Grünfläche zur Verfügung steht, man aber Flächen für Bienen und andere wertvolle Bestäuber erblühen lassen möchte kann man sich unter www.maschinenring-bluehpatenschaft.at informieren, selbst Patin und Pate werden, oder – als nachhaltige Alternative zu einem Blumenstraß – eine Blühpatenschaft an einen lieben Menschen verschenken.

Fördermöglichkeiten aus der GAP

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bietet vielfältige Fördermöglichkeiten für Blühstreifen und Biodiversitätsflächen. Diese Förderinstrumente unterstützen Landwirtinnen und Landwirte bei der Umsetzung von nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken und die Schaffung ökologisch wertvoller Lebensräume. Eine solcher Förderungsmöglichkeiten betrifft beispielsweise Acker- und Grünlandflächen und zielt auf die umweltgerechte Bewirtschaftung dieser Flächen durch Techniken wie den Anbau von Zwischenfrüchten oder die minimale Bodenbearbeitung ab. Ein weiteres Beispiel einer Fördermöglichkeit bezieht sich auf die biologische Landwirtschaft, welche anhand bestimmter Richtlinien, wie zum Beispiel den Verzicht auf synthetische Düngemittel und Pestizide, definiert wird. Zuschläge zu den Prämien werden anhand vorgegebener Kriterien, beispielsweise für seltene und regional wertvolle landwirtschaftliche Kulturpflanzen, vergeben. Durch die Durchführung solcher Maßnahmen auf förderfähigen Flächen, tragen Landwirtinnen und Landwirte aktiv zum Erhalt der Biodiversität bei und erhalten den Mehraufwand finanziell abgegolten.

Blumenwiese
Bienenzentrum Oberösterreich