Dürfen wir vorstellen? „Mein Hof – Mein Weg“

Innovation
Klimaschutz
Lebensqualität

Mein Hof – Mein Weg“ unterstützt landwirtschaftliche Betriebe dabei, mutig neue Wege zu gehen und innovative Ideen umzusetzen. Die Initiative bietet praxisnahe Informationen, Inspiration und Materialien für zukunftsfähige Betriebskonzepte. Getragen vom LFI und der Landwirtschaftskammer Österreich, wird das Projekt vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft sowie dem Europäischen Landwirtschaftsfonds gefördert.

In jedem Jahr behandeln wir als Netzwerk Zukunftsraum Land ein Schwerpunktthema der Vernetzungsarbeit, 2025 ist es das Thema #MutSchafftZukunft. Mut bedeutet, trotz Unsicherheiten den ersten Schritt zu wagen – denn in jedem mutigen Moment liegt die Chance, die Zukunft aktiv mitzugestalten!

Wir haben mit Katharina Schinwald und Gerald Schinwald von „Milchmäderl“ über das Thema „Mut“ gesprochen:

Mut bedeutet, auch in unsicheren Zeiten neue Wege zu gehen. Was hat euch dazu bewegt, euren Betrieb innovativ auszurichten und welche Schwerpunkte setzt ihr dabei?

Unsere Leidenschaft für Schafe, Milch und Käse hat uns dazu inspiriert, unseren eigenen Weg zu gehen. Nach unseren Studien in Agrarwissenschaften haben wir 2017 unseren Bio-Schafmilchbetrieb mit eigener Hofkäserei in Wallsee gegründet. Unser Fokus liegt auf der artgerechten Haltung unserer mittlerweile 145 Lacaune-Milchschafe und der Herstellung von zehn verschiedenen Käsesorten, die nach unseren Lieblingsschäfchen benannt sind. Unser Betrieb heißt Milchmäderl – Bio Schafkäse. Dabei setzen wir auf biologische Bewirtschaftung und nachhaltige Produktionsmethoden. Als Schwerpunkte setzen wir Tierwohl, nachhaltige Produktion (im Sinne von wenig Ressourcenverbrauch) und hohe Produktqualität durch optimale (und nicht hohe) Leistungen, die den Tieren abverlangt werden. Somit erzielen wir ein hochqualitatives Ausgangsprodukt Schafmilch für unsere Veredelung der Milch zu verschiedenen Käse- und Milcherzeugnissen.

Der Klimawandel, wirtschaftliche Herausforderungen und gesellschaftliche Veränderungen fordern die Landwirtschaft. Welche mutigen Entscheidungen habt ihr in eurem Betrieb getroffen, um zukunftsfit zu bleiben – und wie hat euch dabei das Angebot von „Mein Hof – Mein Weg“ unterstützt oder inspiriert?

Die Umstellung auf biologische Landwirtschaft war für uns ein bedeutender Schritt, um den Herausforderungen des Klimawandels und gesellschaftlicher Erwartungen gerecht zu werden. Durch den Bau einer Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher (27kWp PV + 32 kWh Speicher) erzeugen wir einen Großteil (80 %) unseres Energiebedarfs selbst und speisen überschüssige Energie ins Netz ein. Ein weiterer Schritt wird in den nächsten Jahren sein, ein Elektroauto zum Liefern hinzuzufügen. Hier wäre eine initiative Förderung dieser Anschaffung für einen Betrieb wie unseren sehr hilfreich, da aktuell die Reichweite noch sehr dürftig ist und wir deshalb noch zögerlich sind ob einer Investition. „Mein Hof – Mein Weg“ bietet wertvolle Informationen und Inspiration, die uns in unseren Entscheidungen bestärken und neue Perspektiven eröffnen können. Weiters haben wir vor zwei Jahren auf muttergestützte Aufzucht unserer Nachzucht gesetzt und sind somit auch hier einen neuen Schritt in Sachen Tierwohl eingegangen, den wir nicht bereut haben. Darüber hinaus melken wir die Schafe ab Juni nur mehr 1-mal täglich und konnten so auch mehr Zeit für die Direktvermarktung und Landwirtschaft gewinnen und für die eigene Familie mehr Flexibilität erzielen, um auch einmal Ausflüge oder einen Kurzurlaub zu ermöglichen. Weiters konnten wir Strom- und Wasserverbrauch dadurch nochmals deutlich senken. 

Innovationen bringen oft Veränderungen mit sich, die nicht immer reibungslos verlaufen. Gab es in deinem Berufsalltag Momente des „Scheiterns“ oder des Wieder-Aufstehens – und was habt ihr aus diesen Erfahrungen für euch und euren Betrieb gelernt?

Es gab immer wieder sehr herausfordernde Momente. Vor allem zu Beginn, als es darum ging, als Quereinsteiger:innen neu in die Landwirtschaft einzusteigen, sind wir nicht nur mit offenen Armen empfangen worden. Es war sehr schwer, alles zu finanzieren. Dann noch zusätzlich die Agrarinvestitionsförderung vorzufinanzieren und diese dann erst am letzten Stichtag ausbezahlt zu bekommen, war für uns anfangs eine große zusätzliche Hürde, die uns ungewollt mehr Ausgaben (Zinsen) gekostet hat. 

Ich habe daraus gelernt, dass es extrem viel Wert ist, sich in alle Richtungen zu vernetzen und sich breit aufzustellen, um Abhängigkeiten von Einzelnen zu reduzieren. Ein landwirtschaftlicher Betrieb läuft am besten, wenn er in jedem Sinn als Kreislauf betrachtet wird. Aber jeder Anfang ist schwer und wir haben viele Hürden bereits überwunden. 

Was gibt euch persönlich Kraft und Zuversicht, trotz der vielfältigen Herausforderungen mit Leidenschaft und Innovationsgeist an der Weiterentwicklung eures Betriebes zu arbeiten?

Die enge Beziehung zu unseren Tieren und die positive Resonanz unserer Kund:innen motivieren uns täglich. Die Vorstellung, unseren Kindern eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, treibt uns an, nachhaltige und innovative Wege zu beschreiten. Zudem sind wir sehr offen für den Austausch mit anderen Betrieben und auch mit Freund:innen aus anderen Ländern, die wir besucht haben oder die uns besucht haben.

Mutige Vorbilder können inspirieren und bestärken. Was würdet ihr jungen Menschen oder anderen Betrieben raten, die zukunftsorientierte Veränderungen anstreben, aber vielleicht noch zögern?

Wir ermutigen dazu, den eigenen Leidenschaften zu folgen und mutig neue Wege zu beschreiten. Es ist wichtig, sich kontinuierlich weiterzubilden, Netzwerke zu knüpfen und sich nicht von Rückschlägen entmutigen zu lassen. Die Umstellung auf nachhaltige Praktiken mag herausfordernd sein, aber sie bietet langfristig sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile. Man muss entgegen heute häufig vorkommender Sichtweisen die längerfristige Perspektive für den eigenen Betrieb im Kopf haben. Die Welt ist nicht Schwarz/Weiß und darüber hinaus äußerst komplex. Es braucht oft Zeit, bis man dort ankommt, wo man hin möchte.

Katharina, gibt es Situationen, in denen du als Frau besonderen Mut brauchst – und welche Strategien helfen dir, mit diesen Herausforderungen umzugehen? 

In der Landwirtschaft stoßen Frauen oft auf traditionelle Rollenbilder. Es erfordert Mut, sich in diesem Umfeld zu behaupten und eigene Visionen umzusetzen und gesehen zu werden. Der Austausch mit anderen Frauen in ähnlichen Positionen und das Schaffen eines unterstützenden Netzwerks sind dabei essenziell. Gemeinsam können wir Barrieren überwinden und den Weg für zukünftige Generationen ebnen. Wir versuchen vor allem unseren Kindern keine traditionellen Rollenbilder vorzuleben und somit eine größere Vielfalt in der eigenen Persönlichkeitsbildung zu erzielen, die ihnen später einmal eine große Flexibilität im Leben bieten kann.

Was bedeutet „Mut“ für euch persönlich – und welche Rolle spielt er auf eurem Weg, euren Betrieb erfolgreich und innovativ weiterzuentwickeln?

Mut bedeutet für uns, trotz Unsicherheiten Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für unseren Weg zu übernehmen. Er ist der Antrieb, tägliches Reagieren auf Veränderungen mit Innovation zu verbinden und dabei stets unseren Werten treu zu bleiben die wir uns anfangs gesetzt haben. Ohne Mut hätten wir den Schritt in die Selbstständigkeit und die Gründung unseres Bio-Schafmilchbetriebs mit eigener Hofkäserei nicht gewagt. Er begleitet uns täglich und ist essentiell für die Weiterentwicklung unseres Hofes.

Katharina Schinwald und Gerald Schinwald im Interview mit Stephanie Topf, Netzwerk Zukunftsraum Land

Frau mit Melkmaschine im Kuhstall
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