Vernetzung in der Gemeinsamen Agrarpolitik: ein Blick über die Landesgrenzen
Netzwerk Zukunftsraum Land hat auch dieses Jahr wieder beispielhafte Projekte beim Agricultural and Rural Inspiration Awards (ARIA) des EU GAP Netzwerks eingereicht. Mit diesem Award werden jährlich von der GAP finanzierte Projekte zur Entwicklung des ländlichen Raums auf internationaler Ebene ausgezeichnet und sichtbar gemacht.
Europäische Vernetzung in der Gemeinsamen Agrarpolitik: ein Blick über die Landesgrenzen
Wir haben im Kontext des ARIA mit Lisa Haller, Politikanalystin für die EU-Agrarpolitik im EU GAP Netzwerk über den internationalen Austausch, die Vernetzung und Zusammenarbeit gesprochen und einen Blick über die Landesgrenzen gewagt.
Die Europäische Union spielt bei der Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft sowie der ländlichen Räume in Europa eine tragende Rolle. In jedem Mitgliedsstaat wurden nationale GAP-Strategiepläne als Förderinstrumente ausgearbeitet, die seit 2023 umgesetzt werden. Nationale GAP-Vernetzungsstellen unterstützen die Umsetzung mit geeigneten Maßnahmen, in Österreich ist Netzwerk Zukunftsraum Land dafür verantwortlich. Diese nationalen GAP-Vernetzungsstellen sind durch das europäische GAP-Netzwerk miteinander sowie mit weiteren Stakeholdern auf europäischer Ebene verbunden.
Was ist die Hauptaufgabe des EU GAP-Netzwerks?
Das europäische GAP-Netzwerk dient als Plattform um die nationalen GAP-Vernetzungsstellen und andere Interessensgruppen aus der Land- und Forstwirtschaft sowie in der ländlichen Entwicklung zusammenzubringen und zu vernetzen. Dazu gehören beispielsweise Vertreterinnen und Vertreter von Verwaltungsbehörden, aus der Praxis, Forschung, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft aber auch Lokale Aktionsgruppen (LAGs), land- und forstwirtschaftlicher Beratungs- oder Evaluationsdienste. Inhaltlich beschäftigt sich das europäische GAP-Netzwerk mit drei Hauptfeldern, so unterstützt es (i) die Gestaltung und Umsetzung der GAP-Strategiepläne, (ii) den Austausch von Wissen und Innovation, einschließlich der EIP-AGRI, sowie (iii) die Evaluierung und das Monitoring der GAP. Der Wissens- und Informationsaustausch, die Stärkung von Kompetenzen und die Vernetzung spielen dabei eine zentrale Rolle. Durch das Zusammenbringen der verschiedenen Interessensgruppen, die auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv sind, wird ein Voneinander-Lernen ermöglicht. Zudem ist es oft hilfreich zu sehen, wie bestimmte Maßnahmen in den unterschiedlichen Mitgliedsländern umgesetzt werden, was dabei gut funktioniert (und warum) und wo es Verbesserungspotential gibt.
Was ist Ihre Rolle im EU GAP Netzwerk und was sind dabei die Herausforderungen?
Seit ca. einem Jahr bin ich im europäischen GAP-Netzwerk bei der Kontaktstelle für die Umsetzung der GAP als Politikanalystin tätig. Dabei beschäftige ich mich vor allem mit klima- und umweltrelevanten Themen in der Land- und Forstwirtschaft. Ich schaue mir beispielsweise genauer an, wie die einzelnen Mitgliedsländer Umweltmaßnahmen in ihren GAP-Strategieplänen umsetzen, wie wird zum Beispiel Agroforst gefördert, welche Instrumente der grünen Architektur verwendet ein Land um bestimmte ökologische Herausforderungen (zum Beispiel Anpassung an den Klimawandel) zu adressieren. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit besteht darin Themengruppen, bei denen Expertinnen und Experten aus ganz Europa zusammenkommen, um an einem bestimmten Thema, beispielsweise wie kann Biodiversität auf Agrarflächen durch die GAP wirksam gefördert werden, zu arbeiten, inhaltlich zu begleiten. Dabei geht es sehr stark darum, dass die Teilnehmenden in gegenseitigen Austausch treten, voneinander lernen und sehen, was wo funktioniert, oder auch nicht, und warum.
Es kann oft sehr Augen-öffnend für alle Beteiligten sein, zu hören, warum Verwaltungsbehörden bestimmte Entscheidungen getroffen haben und welche Herausforderungen in der Praxis damit verbunden sind.
Ich denke, eine der größten Herausforderungen derzeit ist, dass immer noch sehr stark in Kategorien oder Schwarz-Weiß gedacht wird. Es geht immer noch darum, umweltverträglichere Produktionsweisen gegen wirtschaftlichen Nutzen oder Kosten auszuspielen, als wäre das ein Entweder-Oder. Dabei müssten aus meiner Sicht ökologische und ökonomische, aber auch soziale, Aspekte Hand-in-Hand gehen um tatsächlich eine Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft sowie der ländlichen Räume zu ermöglichen, denn das eine wird nicht ohne das andere gehen. Für mich ist die Arbeit des europäischen GAP-Netzwerks ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Mit den ARIA Awards (Agricultural and Rural Inspiration Awards) wird jährlich gezeigt, wie bunt und vielfältig der ländliche Raum in ganz Europa aktiv gestaltet wird und welche Bandbreite die eingereichten Projekte abdecken. Welcher Mehrwert wird mit dem ARIA geschaffen?
Durch ARIA werden die umweltfreundlichsten, smartesten, sozial inklusivsten, innovativsten und nachhaltigsten Projekte, die auf lokaler Ebene umgesetzt werden und von der GAP unterstützt werden ausgezeichnet. Wie der Name schon sagt, eine der wichtigsten Aspekte von ARIA ist, inspirierend auf andere zu wirken und zu zeigen was sich im ländlichen Raum tut. Für die eingereichten und prämierten Projekte bietet ARIA die Möglichkeit ihre Initiativen überregional, auf europäischer Ebene sichtbar zu machen und Anerkennung zu finden. Gleichzeitig geht es sehr stark darum andere mit den spannenden Initiativen zu inspirieren. Durch die Präsentation von erfolgreichen Projekten kann der Wandel im ländlichen Raum vorangetrieben werden.
Und dieses Jahr gibt es gleich zwei Neuerungen. Zusätzlich zu den bereits bekannten Kategorien intelligente und wettbewerbsfähige Landwirtschaft, Umweltschutz und sozioökonomisches Gefüge im ländlichen Raum gibt es heuer erstmals die Kategorie Jugend im ländlichen Raum. Dabei sollen Projekte, die junge Menschen (unter 40 Jahren) in den Mittelpunkt stellen, prämiert werden. Gemeinsam mit den nationalen GAP-Vernetzungsstellen, haben wir beschlossen, diese Kategorie einzuführen um die tragende Rolle von jungen Menschen für die Gestaltung von ländlichen Räumen und der zukünftigen Agrarwirtschaft zu unterstreichen und aufzuzeigen wie sich junge Menschen aktiv einbringen und engagieren können. Zusätzlich wird es dieses Jahr einen extra Preis für Geschlechtergleichstellung geben.
Über die Gewinner-Projekte entscheidet eine Jury, aber es wird auch dieses Jahr wieder einen Publikumspreis geben, bei dem jeder und jede online abstimmen kann. Die feierliche Preisverleihung findet am 4. Dezember 2024 in Brüssel statt.
Die Auseinandersetzung mit aktuellen Entwicklungen der Land- und Forstwirtschaft sowie der ländlichen Räume in ganz Europa ist auch für uns als nationales Netzwerk essentiell. Welche Trends lassen sich momentan auf europäischer Ebene erkennen und was ist in dieser Periode (23-27) aus Ihrer Sicht besonders wichtig?
Die Land- und Forstwirtschaft steht vor großen Herausforderungen in den nächsten Jahren. Das europäische GAP-Netzwerk kann die betroffenen Akteurinnen und Akteure dabei unterstützen. Ein wichtiges Thema in den nächsten Jahren wird die Stärkung der Resilienz, oder Widerstandsfähigkeit, unseres Agrar- und Ernährungssystems sein. Dabei geht es sowohl um wirtschaftliche Aspekte wie Einkommen und Fragen der Wettbewerbsfähigkeit und Stellung von Landwirt*innen in der Wertschöpfungskette aber auch um ökologische Fragen und wie unsere Land- und Forstwirtschaft umweltschonender und klimaneutral werden kann und um soziale Aspekte, wie beispielsweise den Generationswechsel und wie ländliche Regionen auch für junge Menschen attraktiv bleiben oder werden. Insofern passt das Jahresthema Resilienz der österreichischen GAP-Vernetzungsstelle auch gut in den europäischen Kontext.
Österreich ist zudem ein gutes Beispiel, wie durch LEADER geförderte Projekte eine nachhaltige Regionalentwicklung angestoßen werden kann. Während eine der Stärken von LEADER der lokale Bezug ist, können alle Beteiligten durch Vernetzung und transnationale Kooperation profitieren. Um die Kontaktaufnahme zu vereinfachen steht auf unserer Webseite seit kurzem ein Verzeichnis der Lokalen Aktionsgruppen (LAGs) zur Verfügung. Dieses Verzeichnis wird sukzessive erweitert und mit weiteren Funktionen ausgestattet. Ein weiteres Thema mit dem sich die europäische GAP-Vernetzungsstelle beschäftigt ist die Vereinfachung für Fördernehmerinnen und Fördernehmer und Verwaltungsbehörden.
Welche Angebote hat das EU GAP Netzwerk für die Menschen in Österreich? Welchen Mehrwert hat das EU GAP Netzwerk für Österreich?
Wie bereits erwähnt ist eine der wichtigsten Aufgaben des europäischen GAP-Netzwerks den (Wissens-)Austausch zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren im ländlichen Raum und der Land- und Forstwirtschaft zu ermöglichen. So stellen wir etwa eine Vielzahl an praxisnahen bewährte Praktiken zusammen, die Einblicke in erfolgreiche Initiativen geben oder veröffentlichen Publikationen, die allen frei zur Verfügung stehen. Durch unsere Veranstaltungen aber auch verschiedenen Arbeitsgruppen können sich Menschen in Österreich aktiv einbringen und Erfahrungen mit Menschen aus der gesamten EU teilen. Dadurch kann ein gemeinsames Lernen entstehen und Kontakte und Synergien für künftige Projekte geknüpft werden. Beispielsweise versammelte das Young LEADER Forum im Juni diesen Jahres mehr als 200 LEADER-Begeisterte in Finnland, um darüber zu diskutieren, wie der Gestaltungsspielraum junger Menschen bei der Umsetzung von LEADER gestärkt werden kann. Dabei gab es auch Informationen zu transnationaler Zusammenarbeit und der Möglichkeit zum informellen Austausch bei der Suche nach länderübergreifenden Kooperationen und Projekten.
Wie können sich die Stakeholder aus Österreich aktiv im EU GAP Netzwerk einbringen?
Das europäische GAP-Netzwerk arbeitet zu einer Vielzahl an Themen und lebt davon, dass sich die verschiedenen Interessensvertreterinnen und -vertreter aktiv einbringen. Wir organisieren immer wieder verschiedene Arbeitsgruppen (beispielsweise Fokusgruppen oder Themengruppen) für die wir engagierte Leute suchen, die ihre Expertise, sei es Praxiswissen oder fachliche Kompetenz, einbringen und zu aktuellen Themen arbeiten, um Empfehlungen oder Handlungsanweisungen zu erstellen. Wie bereits erwähnt organisieren wir auch verschiedene Veranstaltungen, wie Good Practice Workshops, Seminare und Konferenzen, sowohl online als auch in Präsenz. Ich empfehle allen Interessierten auf jeden Fall unsere Newsletter zu abonnieren und uns auf Social Media zu folgen.